Liebe Gemeinde, ich begrüße Sie zur ersten Passionsandacht in der Pauluskirche.
Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Ach Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn
und züchtige mich nicht in deinem Grimm!
Herr, sei mir gnädig, denn ich bin schwach;
heile mich, Herr, denn meine Gebeine sind erschrocken
Und meine Seele ist sehr erschrocken.
Ach du, Herr, wie lange!
Wende dich, Herr und errette mich,
hilf mir um deiner Güte Willen!
Weichet von mir, alle Übeltäter;
denn der Herr hört mein Weinen.
Der Herr hört mein Flehen;
mein Gebet nimmt der Herr an.
Amen.
1Es war kurz vor dem Fest der ungesäuerten Brote,
das Passafest genannt wird.
2Die führenden Priester und die Schriftgelehrten
suchten nach einer Möglichkeit, Jesus umzubringen.
Denn sie hatten Angst vor dem Volk.
3Da ergriff der Satan Besitz von Judas,
der auch Iskariot genannt wurde.
Er war einer aus dem Kreis der Zwölf.
4Judas ging zu den führenden Priestern
und den Hauptleuten der Tempelwache.
Er besprach mit ihnen,
wie er ihnen Jesus ausliefern konnte.
5Sie waren hocherfreut
und vereinbarten,
ihm Geld dafür zu geben.
6Judas war einverstanden.
Von da an suchte er nach einer günstigen Gelegenheit,
ihnen Jesus auszuliefern.
Das Volk sollte nichts davon bemerken.
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Bruder, Jesus Christus. Amen.
Judas, liebe Gemeinde, Judas,
das ist der Inbegriff des Bösen:
Vielleicht kennen Sie noch die Ausdrücke
Judaslohn und Judaskuss.
Als Judaslohn bezeichnet man Geld für eine miese Tat.
Ein Judaskuss ist ein falscher Kuss,
ein Kuss ohne Liebe dahinter.
Der Verrat des Judas war durch Jahrhunderte
Anlass für Antisemitismus:
„Die Juden haben Jesus verraten!“ hieß es pauschal.
Und ebenso pauschal wurden alle Juden schlecht gemacht.
Von einigen Menschen bis heute. Auch bei uns.
Es gibt Versuche, Judas zu rehabilitieren:
1975 schrieb Walter Jens ein Buch über Judas, das mich sehr bewegt hat:
Er schildert Judas als glühenden Anhänger Jesu.
Durch den Verrat an die oberen Priester will Judas Jesus provozieren, endlich seine Macht zu zeigen.
Was könnte Judas sonst noch bewegt haben?
Ich stelle mir vor, dass er wirklich ein Mann war,
der von Jesus sehr beeindruckt war.
Wie er von Gott erzählt hat,
wie er Menschen geheilt hat,
wie er um der Menschen Willen Regeln durchbrochen hat,
das alles hat Judas bestimmt beeindruckt.
Vielleicht hoffte er auch darauf,
dass Jesus einen politischen Umsturz herbeiführen würde.
Dass Jesus das nicht wollte,
mag Judas enttäuscht haben.
Enttäuschte Liebe.
Enttäuschte Liebe kippt manchmal ins Gegenteil.
Judas jedenfalls
macht mit den Gegnern gemeinsame Sache.
Er redet schlecht über seinen bisherigen Freund.
Ja, er verrät ihn an Leute, die ihm schaden wollen.
War das nur Judas?
Ich denke, das ist etwas, das wir auch kennen:
Ich denke an Krankenschwestern oder Verkäufer,
die nur auf ihren Arbeitgeber schimpfen.
Ich denke an Menschen,
die öffentlich über die Familie herziehen,
aus der sie selber stammen.
Es gibt auch Pfarrerinnen,
die oft schlecht über ihre Kirche reden.
Oder Bürgerinnen und Bürgern,
die nur die Fehler bei Politikern und Politikerinnen sehen, aber nicht wahrnehmen,
wie diese Menschen sich abmühen
und oft nach bestem Wissen und Gewissen
Entscheidungen treffen.
Wo ist etwas von Judas in mir? In Ihnen?
Enttäuschte Liebe.
Möge Gott uns helfen,
dass wir bei Enttäuschungen nicht ungerecht werden!
Er gebe uns Trost, wenn wir verletzt sind
und dennoch ein weites Herz und einen weiten Blick!
Und danken wir Gott,
dass er aus dem was Judas und Jesus miteinander erlebt haben, für uns Gutes hat wachsen lassen!
Amen.
Gott, wir bitten dich für alle Menschen,
deren Liebe verletzt wurde.
Heile ihre Herzen!
Lass sie nicht verbittert werden.
Lass sie zwischen guten und schlechten Erfahrungen unterscheiden!
Und mache sie weiterhin fähig zu lieben!
Gott, wir bitten dich für alle Menschen,
deren Herz verhärtet ist.
Lass sie deine Liebe spüren.
Lass sie erleben, dass sie sich selber schaden,
wenn sie andere verletzen.
Gott, wir bitten dich für uns alle.
Mach uns fähig, Konflikte gut zu gestalten.
Mach uns fähig, Beziehungen gut zu beenden,
wenn sie zerstörerisch werden.
Mach uns fähig, mit Enttäuschungen umzugehen.
Mach uns fähig, uns mit Menschen zu versöhnen.
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme,
dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen
Der Herr segne dich und behüte dich!
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir
und sei dir gnädig.
Der Herr hebe sein Angesicht auf dich
und gebe dir Frieden. Amen.